Uttenreuther und Marloffsteiner Grüne setzen sich für mehr Lebensqualität und Mobilität auf dem Land ein.

Am Tag des Globalen Klimastreiks suchten die Grünen der Gemeinden Uttenreuth und Marloffstein abends den Diskurs mit den Anwohnern der Dörfer östlich von Erlangen: „Wie gelingt uns eine klimafreundliche Verkehrswende? Wie bekommen wir mehr Lebensqualität entlang unserer Ortsdurchfahrten?“ – zwei von vielen Fragen, die in den folgenden Stunden kontrovers diskutiert wurden.

Vom Auto aus gedacht – so erscheint vielen, die entlang einer Ortsdurchfahrtsstraße wohnen, die Straßenverkehrsordnung. Höchstgeschwindigkeiten werden angesetzt, um die Sicherheit des Autofahrenden zu gewährleisten. Die Sicherheit von Fußgängern und Radverkehr spielt eine untergeordnete Rolle. Ein Beispiel: Tempo 30 auf der sich schlängelnden Straße zwischen Waldkrankenhaus und Rathsberg. Auch die Fußgänger-Überquerung am Ortseingang fällt in diesen Bereich. Glück für die Rathsberger, könnte man sich denken. Aber nur 2km weiter in Atzelsberg wird dieselbe Straße zum Schutz der Spaziergänger und der Schüler, deren Schulweg sich aktuell auf einem Trampelpfad neben dieser Straße befindet, lediglich auf 70km/h begrenzt.

Weniger Lärm und mehr Sicherheit


„Eine gerechte Geschwindigkeitspolitik in der gesamten Gemeinde Marloffstein ist das, was wir brauchen.“ trägt Jorinna Scherle in ihrem Impuls-Vortrag zu Beginn der Veranstaltung vor. Denn langsamere Geschwindigkeiten tragen neben weniger Lärm und mehr Sicherheit für Fußgänger auch dazu bei, dass Radfahren attraktiver wird. „Es ist die günstigste Sofortmaßnahme, die wir haben. 3 Sekunden Zeitverlust auf 100 Meter Fahrt bei Tempo 30 anstelle von 50, das sollte uns die Gesundheit der Menschen, die direkt an Hauptstraßen leben, wert sein. Vor allem die Lärmbelastung halbiert sich, und auch das subjektive Sicherheitsempfinden steigt immens.“

Welchen Stellenwert die Sicherheit der Fußgänger hat – fragen sich auch viele Anwohner in Marloffstein und Adlitz. Gehwege, die aufgrund der Bebauung nur 60cm breit sind, sind hier keine Seltenheit. Trotzdem wird nach aktuellem Verkehrsrecht Tempo 50 auf der Staatsstraße 2242, die Erlangen über Spardorf nach Marloffstein und Adlitz verbindet, weiter angewendet.

„Dass nach wie vor erst ein schwerer Verkehrsunfall für ein Umdenken zum Schutz unserer Anwohner sorgt, ist einfach nicht mehr zeitgemäß und spricht dafür, dass eine Reformierung des deutschen Straßenverkehrsrechts dringend notwendig ist“ so IT Managerin Izabela Senn.

Mobilität ist auch eine soziale Frage

„Gerade Kinder und Jugendliche auf dem Land brauchen die Möglichkeit, mobil zu sein“ ist eines der Hauptanliegen von Monika Tremel, grüne Direktkandidatin für den Landtag. „Wir wollen, dass gerade junge Menschen nicht auf ein Auto angewiesen sind, sondern Busfahren in Zukunft genauso komfortabel empfinden.“ Nach Wunsch der Grünen soll eine kostenlose Beförderung in ganz Bayern für alle Studierenden und jungen Menschen in Ausbildung unter 28 Jahren dieses Ziel in Zukunft noch greifbarer machen.

„Denn aktuell sind finanziell die falschen Anreize gesetzt“ findet Henni Appell, Mitglied im Vorstand der Grünen Erlangen-Land. „Wenn wir die Klimaziele von 1.5 Grad einhalten wollen, darf es nicht sein, dass ein Monatsticket mehr kostet als ein Ticket für den Dauerparkplatz am Erlanger Bahnhof“. Eine klimagerechte Verkehrswende darf nicht zu einem sozialen Thema werden: „Gerade für Schüler und Jugendliche, die auf dem Land leben, aber eine weiterführende Schule in Erlangen besuchen, schlägt der Fahrpreis des Jahrestickets bei der ein oder anderen Familie ordentlich ins Haushaltsbudget zu Beginn des Schuljahres.“

Mehr Aufenthaltsqualität in unseren Dörfern, vielfältige Mobilität entwickeln


Eine junge Mutter aus Atzelsberg erzählt eindrücklich von ihrem Versuch, als Familie mit Kindern einen Urlaub ganz ohne Auto umzusetzen. „Gerade die ersten paar hundert Meter unserer Reise, die vollen Rollkoffer über den grasbewachsenen schmalen Trampelpfad bis zur Bushaltestelle zu ziehen, waren die mühseligsten Momente der Reise. Daher hoffen wir – besonders für unsere Schulkinder – sehr, dass nun auch der Gemeinderat in naher Zukunft dem bereits geplanten Aus- und Umbau der Bushaltestelle zustimmen wird.“

„Wir wollen in neuen Wohnprojekten E-Mobilität und Car-Sharing fest einplanen“, betont Silke Kreitz, grünes Mitglied des Kreistags und Gemeinderätin in Uttenreuth. Auch die Idee, Lastenrad-Sharing zu fördern, wird als sinnvolle Maßnahme diskutiert.

Eine gute Aufenthaltsqualität und ausreichend Platz für Radwege mitzudenken, sei gerade an der Staatsstraße durch Uttenreuth in der Vergangenheit verpasst worden. „Doch vieles wird sich nach der Sanierung der Ortsdurchfahrt der Erlanger Straße verbessern.“ verspricht Wolfgang Hirschmann, grünes Gemeinderatsmitglied und 2. Bürgermeister. Radwege in beide Richtungen seien zwar nicht durchgehend, aber zumindest in großen Teilen vorgesehen. Eine Begrünung der Kreuzung zur Marloffsteiner Straße, an deren Ecken Bäcker und Eisdiele aktuell wenig verlockend zum Verweilen auf Bänken direkt neben den stehenden Autos einladen, soll durch mehr Abgrenzung zur Fahrbahn den Dorfkern ansprechender gestalten.

Mehr Gestaltungsfreiheit für Kommunen, Ausbau von Bus und Bahn


Christian Zwanziger, Landtagsabgeordneter und Kandidat im Stimmkreis Erlangen, Möhrendorf und Heroldsberg, betont, wofür er sich im Landtag einsetzt: „Kommunen müssen auch auf Staatsstraßen Geschwindigkeiten festsetzen können. Wir brauchen sichere, zuverlässige Mobilität für alle Menschen statt immer neuer Staatsstraßen und Ortsumgehungen. Und natürlich müssen wir die Kommunen viel stärker als bisher beim ÖPNV unterstützen.“

Ein 18jähriger Schüler aus Uttenreuth macht deutlich, dass seine Generation mit dem eigenen Pkw immer noch das Gefühl großer Freiheit verbindet. Eine Freiheit, die er sich nicht nehmen lassen will, und stattdessen ein noch stärkeres Umdenken hin zu klimafreundlicheren Technologien fordert. Neben ihm sitzt ein Student, der erst kürzlich von Kalchreuth nach Uttenreuth gezogen ist, aus einem Grund: Unabhängiger vom eigenen Pkw zu sein. „In Uttenreuth ist es möglich, schnell auch mal mit dem Fahrrad zur Uni zu fahren“.

1,07 Personen sitzen durchschnittlich in einem Pkw des täglichen Pendelverkehrs und legen überwiegend eine Strecke von weniger als 5km zurück. Dies bietet gerade im Erlanger Umland ein großes Potential, das Auto öfter mal stehen zu lassen und sich für Alternativen zu entscheiden.

„Wenn ich von Uttenreuth mit dem E-Bike zu den Erlanger Arkaden fahre, bin ich schneller als mit dem Auto, da das Parken viel unkomplizierter ist“, untermauert Paul Girbig, Hochschullehrer an TU München und Hochschule Ansbach und Schatzmeister der Grünen Erlangen-Land. „Es müsse ein Umdenken im Kopf jedes Einzelnen stattfinden.“

Aktiv werden für eine klimagerechte Verkehrswende!


Die Klimakrise wartet nicht. Es liegt an uns – und sei es auf einer freiwilligen Basis zum Beispiel zum Thema Tempolimit“ so die mahnenden Worte zweier Klimaaktivisten zum Ende der Veranstaltung.

„Um eben hier in den Gemeinden etwas anzustoßen,“ so die veranstaltenden Grünen, „war Ziel und Motivation für unser Gespräch heute.“ Und so wurden Kontakte ausgetauscht und es gab ein privates Pkw Sharing Angebot in Atzelsberg.  Denn ein offizielles Car Sharing Angebot von der Gemeinde ist aktuell nicht in Sicht.

Auch die geplante Fahrraddemo am 13.05.23 für Kinder und Familien der Nachbargemeinden Uttenreuth, Marloffstein und Spardorf stieß auf große Resonanz (Kontakt: henni.appell@gruene-erlangen-land.de).  Hier wollen alle Beteiligten die Anbindung der Orte auf Fahrradtauglichkeit prüfen und Gefahrenstellen sichtbar machen.

Und so war in dem beinahe 3-stündigen Austausch bei allen Anwesenden eine Bereitschaft für Veränderung deutlich spürbar.

Text: Jorinna Scherle